Fakt ist: Wir werden immer älter. Und Fakt ist auch: Mit zunehmenden Lebensjahren steigt das Risiko, an Demenz/Alzheimer zu erkranken, an. Statistischen Auswertungen zufolge, sind zwei Prozent aller Menschen zwischen 65 und 69 Jahren davon betroffen, bei den 80- bis 84-Jährigen schon zehn bis 17 Prozent und bei den über 90-Jährigen dann sogar über 30 Prozent. Jährlich erkranken in Deutschland 250.00 Menschen neu.
Ich habe unlängst im Fernsehen einen Bericht über ein Demenzdorf am Rande Hamelns gesehen und war von dieser Idee begeistert. Auch wenn Kritiker sich über die eingezäunte Anlage mokieren, so finde ich die Tatsache, dass sich Menschen mit Demenz im Rahmen dieser immerhin 11.000 qm umfassenden Anlage frei bewegen können doch wesentlich humaner, als im Mehrbettzimmer eines Pflegeheims, ggf. auch noch fixiert (damit der Mensch eben nicht davonlaufen kann), dahinzusiechen.
Auch in den Niederlanden gibt es Dörfer dieser Art, z.B. das Alzheimer-Dorf „De Hogeweyk“ bei Amsterdam. Auch hier ist der freiheitliche Grundgedanke tragend für das Leben im Dorf. Die Möglichkeiten, die die Bewohner hier haben, sind noch um einiges umfangreicher als z.B. in Hameln. So können die Menschen im Supermarkt einkaufen (ohne bezahlen zu müssen), es sich in einem Café oder Restaurant schmecken lassen, Konzerte oder Aufführungen im eigenen Theater besuchen, den Markplatz zu Treffen nutzen, in der parkähnlichen Anlage die Seele baumeln lassen, beim Schachspiel Spaß haben, im Fitnessstudio etwas für den Körper zu tun etc. pp.. Sie können aufstehen, wie es ihrem Biorhythmus entspricht, – je nach Grad der Erkrankung – beim Eindecken der Tische helfen, sich in der Küche nützlich machen etc. pp. – erleben also ein großes Stück Normalität. Die Menschen werden rund um die Uhr betreut bzw. gepflegt; auch viele Ehrenamtliche helfen mit, dass sich die Bewohner heimisch und gut aufgehoben fühlen.
Für eine Stadt wie Bocholt fände ich ein solches Dorf mit Blick auf eine würdevolle und freiheitliche Unterbringung von Menschenmit Demenz ebenfalls richtig und sinnvoll. Wir haben genug Flächen, rund um Bocholt, die sich für eine relativ zentral gelegene und erreichbare Anlage andienen. Mit einem solchen Dorf würde man der Krankheit, vor der letztendlich keiner gefeit ist, nicht nur ein bisschen den Schrecken nehmen, weil man eben weiß, dass man sein Lebensabend trotz kognitiver, emotionaler und sozialer Einschränkungen in Freiheit und in Gemeinschaft anderer verbringen kann und dadurch auch länger fit bleibt. Man könnte vielmehr auch den Bürgern, die sich über viele Jahre in unterschiedlichster Hinsicht für die Stadt verdient gemacht haben, etwas zurückgeben: Nämlich trotz vielerlei krankheitsbedingter Einschränkungen ein würdevolles Leben in der Nähe der Angehörigen leben zu können. Ein Leben, das die Möglichkeit zur Teilhabe an Aktivität und Gesellschaft in angenehmer und sicherer Atmosphäre lässt. Eines, mit dem sich auch die Angehörigen identifizieren können.
Es muss natürlich sichergestellt sein, dass die Kosten für die Unterbringung bezahlbar sind, also nicht nur Bessergestellte in den Luxus kommen, als demenziell Erkrankte in einem solchen Dorf ihren Lebensabend verbringen zu können. Vielleicht finden sich ja auch Förderer und Spender, die in ein solch sinnvolles Projekt zu investieren bereit sind.